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Dr. aserb. med. univ. Akif Hidayatov über seine Erfahrungen mit dem Einsatz von Medizinalcannabis in der Schmerztherapie.
Dr. aserb. med. univ. Akif Hidayatov über seine Erfahrungen mit dem Einsatz von Medizinalcannabis in der Schmerztherapie.

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"Cannabis kann in Kombination mit anderen Medikamenten eine sehr gute Wirkung erzielen"

Rund 820 Patient:innen behandelt Dr. Akif Hidayatov in seiner Privatpraxis für Schmerztherapie in Koblenz. Er hört ihnen zu, er bespricht mit ihnen die Möglichkeiten der Behandlung und welche Medikamente wie in Frage kommen könnten. Er versucht ihnen schnellstmöglich zu helfen, und dies im ersten Schritt immer mithilfe der leitliniengerechten Therapie. Wenn die aber nicht zu den erwünschten Fortschritten führt, ist für ihn in Absprache mit seinen Patient:innen und den ggf. behandelnden Fachärzten medizinisches Cannabis zu einer echten Therapieoption geworden. Und dies mit Erfolg.

Die Bandbreite der Erkrankungen der Patient:innen, bei denen er in seiner Praxis Cannabis für die Behandlung nutzt, ist sehr groß: Dr. Hidayatov therapiert beispielsweise einen 93-Jährigen, der aufgrund einer Hüftarthrose und eines Blasentumors chronische Schmerzen hat, oder auch einen fünfjährigen Jungen, der an Epilepsie mit starken Krampfanfällen am ganzen Körper leidet. „Ich greife bei neuropathischen und chronischen Schmerzen oft auf Cannabinoide zurück, als Ergänzung zu einer Standardtherapie. Oft erzielen Cannabismedikamente eine bessere Wirkung als Standardmedikamente bei insgesamt deutlich weniger Nebenwirkungen. Die Symptome werden von den Patienten weniger wahrgenommen. Durch die Cannabistherapie steigt ihre Lebensqualität.“

Der 38-Jährige hat besonders bei Autoimmunerkrankungen wie Rheuma oder Morbus Crohn sehr gute Erfahrungen mit dem Einsatz von medizinischem Cannabis gemacht, die er meist als Tropfen oder Tabletten verschreibt: „Autoimmunerkrankungen sind manchmal genetisch bedingt, manchmal ist deren Ursache unklar. Aber es sind Erkrankungen, bei denen unser Körper denkt, dass manche Gelenke, wie beispielsweise beim Rheuma, oder ein Teil des Darmes, wie bei Morbus Crohn, fremd sind. Der Körper versucht daher, sie mit ganzer Kraft zu zerstören. Durch immunmodulierende und immunsenkende Effekte von Cannabinoiden können wir die Beschwerden positiv beeinflussen“, so Dr. Hidayatov.

Auch bei Patient:innen mit Indikationen wie beispielsweise posttraumatischer Belastungsstörung, „brennenden Füßen“ in der Nacht bei Diabetes (diabetische Neuropathie) oder chronischen Schmerzen wegen Post-Zoster-Neuralgie wie z.B. bei Gürtelrose hat Dr. Hidayatov bereits gute Ergebnisse erzielen können: „Medizinisches Cannabis ist kein Allheilmittel – aber in Kombination mit anderen Medikamenten kann es eine sehr gute Wirkung erzielen. Über den Einsatz und die Dosierung muss aber immer eine Abstimmung mit dem Patienten und mit dem gegebenenfalls behandelnden Facharzt erfolgen, besonders bei neurologischen und/oder psychiatrischen Erkrankungen.“

Einer seiner Patienten litt nach einem schweren Verkehrsunfall an starken Rückenschmerzen. Ein zerstörter Wirbelkörper sorgte rund um die Uhr für chronische Schmerzen, auch nachts im Bett. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Zudem machten dem Mann, sobald er sich etwas bewegte, Schmerzattacken mit Schweißausbrüchen und Blackouts zu schaffen. Der Einsatz verschiedener Opiate, unter anderem Tilidin, machte seinen Alltag halbwegs erträglich, mehr aber nicht. Erst mit THC-haltigen Tropfen, die Dr. Akif Hidayatov ihm in Absprache verschrieb, machte der Patient wirkliche Fortschritte: „Wir haben ihn erst auf die THC-Tropfen eingestellt und beobachtet, wie sein Körper reagiert. Der nächste Schritt war dann, dass er gegen seine Schmerzattacken und für einen besseren Schlaf in der Nacht den Dampf von Cannabisblüten inhaliert hat.“ Die entscheidende Frage für Arzt und Patient in der Therapie war dann: Wie rückläufig sind die Schmerzsymptome? „Bei diesem Patienten konnten wir dadurch erfreulicherweise schnell die Menge der Opiaten-Einnahme deutlich reduzieren. Und nach zweimonatiger Cannabiseinnahme noch einmal“, so Dr. Hidayatov.

Bei mehr als 200 verschiedenen Cannabis-Sorten, die ihm für seine medizinischen Zwecke zur Auswahl stehen und die er verschreiben kann, hat sich für seine Patient:innen in den vergangenen Jahren ein klarer Favorit herausgebildet: „Cannabis-Produkte mit unbestrahlten Blüten stechen in ihrer Qualität dabei besonders hervor. Manche meiner Patienten merken den Unterschied im Geschmack zu anderen bestrahlten Cannabisprodukten, so dass ich hier gezielt die unbestrahlten Sorten verordne. Es gibt allerdings keine eindeutigen Beweise, dass bestrahlte Blüten weniger gut sind als unbestrahlte“, so Dr. Hidayatov.

Der an Epilepsie leidende fünfjährige Junge, dessen Ganzkörperkrämpfe eine starke Belastung für sich und seine Eltern waren, kam in der Therapie beim Neurologen mit zwei Antiepileptika nicht mehr wirklich weiter. In intensiver Absprache aller Beteiligten, was vor allem bei einem dermaßen jungen Körper und Gehirn unerlässlich ist, stellte Dr. Akif Hidayatov das Kind auf eine therapeutische Dosis CBD-Tropfen ein, Benzodiazepine setzte er ab. Der Junge vertrug das medizinische Cannabis gut, der Körper krampfte nicht mehr. Lediglich kleinere, lokale Zuckungen sind zurückgeblieben. „Ich bin mit den Fortschritten sehr zufrieden. Und die Eltern ebenfalls“, sagt Dr. Hidayatov.

Hier ist nun weitergehend eine Ergänzung mit einem Anteil an THC denkbar – aber dazu bedarf es erst weiterer Absprachen mit dem Facharzt und den Angehörigen. „Und dies kann ich gar nicht oft genug betonen“, so Dr. Hidayatov, „Gespräche und Aufklärungsarbeit zu diesem Thema auch unter meinen Kollegen und Kolleginnen sind weiter sehr wichtig. Denn schließlich unterliegt Cannabis in Deutschland immer noch den Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes. Das macht alles etwas komplizierter.“

Four 20 Pharma beispielsweise, das 60 Mitarbeiter:innen starke Unternehmen aus Paderborn, steht Ärzt:innen, Apotheker:innen, medizinischen Einrichtungen sowie Patient:innen auch beispielsweise bei diesem Thema als verlässlicher Partner zur Seite. Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, Cannabis bis Ende 2023 von der Liste der Betäubungsmittel zu nehmen und zu entkriminalisieren. Und da bedarf es weiter massiver Aufklärungsarbeit zur Wirksamkeit der Cannabispflanze, die nach wie vor mit althergebrachten Stigmata und Vorurteilen belegt ist.

Zur Person:
Dr. aserb. med. univ. Akif Hidayatov, Jahrgang 1985, ist Facharzt für Anästhesie mit den Zusatzbezeichnungen für Notfallmedizin sowie spezielle Schmerztherapie. Seit 2020 leitet er die Privatpraxis für Schmerztherapie in Koblenz. Zuvor war er Oberarzt in der Paracelsus-Klinik in Bad Ems.

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Marvin Renner

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